Unser Essen wird stark von unserer Umgebung beeinflusst. Ständig verfügbare, zucker-, salz- und fettreiche Nahrungsmittel sowie ständige Reize durch Werbung in den unterschiedlichsten Medien und direkt vor Ort, zum Beispiel im Supermarkt, fördern unser Verlangen nach mehr.
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Was ist der Teufelskreis?
Diese Beeinflussung kann zu ungesunden Gewohnheiten führen, die ein ungesundes Essverhalten nach sich ziehen, und damit zu Gewichtsproblemen beitragen. Auch schon im Kindesalter.
1. Wir essen getrieben, durch unseren inneren Drang nach Zucker, Salz und Fett.
2. Doch wir werden nicht wirklich satt und zufrieden, da wertvolles Eiweiß, Ballaststoffe, hochwertige Fette und Nährstoffe, wie Vitamine und Mineralstoffe fehlen.
3. Dadurch essen wir immer mehr. Ein Teufelskreis.
Es ist ein ernährungsbedingter Teufelskreis, der immer häufiger in einer Sackgasse endet: Denn es können Müdigkeit, Antriebslosigkeit, chronische Schmerzen und Krankheiten folgen. Das ist eine Sackgasse, in den gerade Kinder erst gar nicht hineingeraten sollten.
Darum habe wir die Die Nährstoffgeschichte entwickelt. Zeig deinem Kind, welche Lebensmittel wirkliches Superkraft-Essen ist und mit welchen Tricks die Lebensmittelindustrie schon Kinder gern verführt.
Lies auch 7 emotionale Fakten, die du über Junkfood wissen solltest
Instagram-Feedback von Martin Krowiki vom Gesundheitsportal Schnell. Einfach. Gesund.
Was sind Superreize?
Superreize sind Faktoren, die uns bewusst oder unbewusst in unseren Entscheidungen beeinflussen:
Zum Beispiel
- Zucker, Salz, Fett, Zusatzstoffe
- Geruch
- Geschmack
- Konsistenz
- optische und akustische Anreize; zum Beispiel durch Werbung
- Reize durch die ständige Verfügbarkeit, hauptsächlich von Snacks
- emotionale Reize, in bestimmten Situationen (Trost, Belohnung)
Es liegt daher an uns Eltern, den Kindern zu zeigen, was eine gesunde Ernährung ist und wie sie ein gesundes Verhältnis zum Essen aufbauen können.
Lies dazu hier, wie du die Eigenverantwortung deines Kindes in der Ernährung stärkst.
Ich weiß, es ist nicht immer einfach, aber es lohnt sich! Damit sich die Kinder später nicht mit den daraus folgenden Gewichts- oder gar gesundheitlichen Problemen herumschlagen müssen.
Denn der Teufelskreis ist tückisch. Reagieren wir oder die Kinder immer wieder auf diese Reize, indem wir ihnen nachgehen und das Verlangen befriedigen, so registriert unser Gehirn dies als BELOHNUNG.
Gefangen im Teufelskreis: Durch Superreiz und Belohnung
Bunt verpackt winkt überall Zucker, Fett und Salz. Hyperschmackhafte und hochverarbeitete Lebensmittel sind zu Superreizen geworden. Wenn sich dieser Reiz im Gehirn als Belohnung erweist, wollen wir immer mehr davon.
Die Belohnung und das zufriedene Gefühl halten allerdings nur kurz. Der Teufelskreis beginnt von vorn.
Wir wollen wir immer MEHR davon:
- mehr Erregung
- mehr an Essen denken
- mehr Verlangen nach dem Essen
- mehr Dopamin gesteuertes Suchtverhalten
- mehr Konsum
- mehr opioidgetriebene Belohnung
- mehr Überessen und Völlerei, damit es uns besser geht
Die Folgen sind gravierend:
- immer spätere Sättigung
- Kontrollverlust beim Essen
- immer ans Essen denken und den ganzen Tag snacken
- mehr gewohnheitsmäßiges Verhalten; Essen ohne nachzudenken
- immer mehr Gewicht
Dies ist das Ergebnis einer Industrie, die weiß, dass die Belohnung unserer Sinne uns dazu bringt, mehr von ihren Produkten zu konsumieren.
Warum wir nicht einfach NEIN zum Junkfood sagen
Im Blogartikel „Wie Junkfood unser Essverhalten manipuliert“ zeige ich dir, wie Junkfood und viele hochverarbeitete Lebensmittel mit den Hauptzutaten Zucker, Fett und Salz unser Essverhalten manipulieren.
Nun stellt sich die Frage:
Wie funktioniert unser Gehirn, wenn es um Essen geht? Hast du dich nicht auch schon oft gefragt, warum es so schwer ist, “Nein” zu sagen, wenn es um deine „Lieblingsjunkfood” geht?
Ob es sich um ein Stück Kuchen, einen Becher Eiscreme oder eine Tüte Chips handelt, es ist unwahrscheinlich, dass du oder deine Kinder sich dieser Versuchung ohne zu zögern entziehen können, wenn es direkt verfügbar ist. Aber warum ist das so?
Foto: © depositphotos
Übertrieben oder nicht? Doch sicher kennst du auch diese Situationen, in denen es kein Halten mehr zu geben scheint.
Unser Gehirn ist so konstruiert, dass es auf bestimmte Reize, wie die oben beschriebenen Superreize, intensiv reagiert. An diesen Reaktionen ist vorrangig unser limbischen System beteiligt. Es ist der Teil unseres Gehirns, der für Emotionen, Erinnerungen und unsere grundlegenden Instinkte verantwortlich ist.
In unserem Alltag sind wir permanent von diesen Superreizen umgeben. Und das bedeutet, dass unsere Gefühle ständig angesprochen werden. Denk nur mal an dein Kind, wie oft es dich am Tag nach Dingen fragt, zu denen du sehr wahrscheinlich „Nein“ sagst.
Hast du dich schon mal darüber gewundert, warum es quasi überall Werbung für Coca-Cola oder diverse Fast-Food-Ketten gibt, wo sie doch nun bestimmt fast jede*r kennt?
Foto: © privat
Übertrieben oder nicht? Doch sicher kennst du auch diese Situationen, in denen es kein Halten mehr zu geben scheint.
Diese plakative Werbung, wie im Beispiel auf dem Foto zu sehen ist, ist nichts anderes als das Setzen von Superreizen: Sobald das Gehirn darauf trainiert ist, dass der Konsum dieser Produkte eine Belohnung verspricht, willst du das haben. Dieses Habenwollen ist ungeheuer mächtig, und es erfordert klare Regeln, um dem zu entkommen. Auch für deine Kinder.
Das Problem ist, dass diese Reize mit jedem Konsum ein wenig stärker werden und unser Gehirn dazu verleiten, immer mehr auf die Reize zu achten.
Mit der Zeit beeinträchtigt dieses machtvolle Verlangen nach Nahrungskombinationen aus Zucker, Fett und Salz unsere Fähigkeit zum bewussten NEINsagen.
Diesen Verhalten bezeichnet David Kessler in seinem Buch „Das Ende des großen Fressens“ als „konditioniertes Hyperessen“, was so viel bedeutet wie „antrainiertes und übertriebenes Essen“.
Dieses konditionierte Hyperessen kann die Steuerfunktion des menschlichen Gehirns überwältigen und uns ein „NEIN“ verwehren.
3 mächtige Faktoren, die unsere Selbstkontrolle aushebeln
Selbstkontrolle ist die Fähigkeit, unsere Handlungen zu steuern und unsere Impulse zu zügeln.
Ob es darum geht
- unseren Appetit zu kontrollieren
- unsere Emotionen zu regulieren oder
- unsere Handlungen zu steuern …
Selbstkontrolle ist eine wichtige Fähigkeit, die uns hilft, selbstbestimmt zu handeln.
Leider ist Selbstkontrolle nicht immer einfach und es gibt einige Faktoren, die unsere Selbstkontrolle aushebeln können:
1. Hinweisreize starten den Teufelskreis
Ein Hinweisreiz zieht unsere Aufmerksamkeit an und manipuliert uns zum Handeln – und zwar so lange, bis wir die Belohnung haben.
Der Teufelskreis
- Hinweisreiz: Werbung oder Schild zur Fast-Food-Kette
- Verführerischer Gedanke an das Essen setzt ein
- Heute gönn ich mir was!
- Nein, doch, nein, doch, nein …
- Das „Doch“ gewinnt, denn dein Gehirn hat inzwischen ein passendes Argument gefunden. (z.b. Belohnung oder Trost)
- Lange sättigt dieses Essen meist nicht und der nächste Hinweisreiz lauert bereits an der nächsten Ecke…
- Der Teufelskreis beginnt von vorn, mit dem zusätzlichen Manko, dass man den Kampf schon (mehr als ) einmal verloren hat
Der Zwiespalt aus Punkt 4 zieht in unserem Inneren viel Aufmerksamkeit auf sich. Ein sehr unangenehmes Gefühl.
Wer nachgibt, löst diesen Zwiespalt auf und dämpft die Erregung.
Das unangenehme Gefühl verschwindet.
Wer oft genug nachgibt, macht es zur Gewohnheit.
Den Reiz nun zu unterdrücken, wird noch schwerer.
Wir müssen uns darüber klar sein, dass wir nicht alle Hinweisreize bewusst wahrnehmen. Die Gedanken stellen sich scheinbar „von allein“ ein, und der Versuch der Selbstkontrolle verstärkt dann sogar noch die Macht des Begehrens.
Ein Teufelskreis! Daher gewinnt oft die Belohnung – leider nur mit einer kurzen Befriedigung. Außerdem stärkt die Erfüllung des Reizes das Verlangen beim nächsten Mal. (1)
2. Kleine Impulse mit großer Wirkung
Ein Bissen genügt, und es gibt kein Halten mehr – obwohl wir gar keinen Hunger haben. Denken wir nur an unser Verhalten an einem Buffet.
Für Kinder sind es auch die kleinen Naschis, die sie in diversen Geschäften oder sogar in Apotheken angeboten bekommen. Ein kleiner Happs genügt, und schon möchte man mehr haben.
Oder denken wir nur an die salz- und fettreichen Kartoffelchips: Schon nach dem ersten Bissen können wir nicht mehr aufhören.
Mir war das lange nicht bewusst, doch heute achte ich mehr auf diese kleinen Hinweise, die genügen, um die Selbstkontrolle außer Kraft zu setzen.
Es gibt dafür in Fachkreisen sogar einen Begriff: „Priming“.
Foto: © depositphotos
Und schon sind wir an der Angel. Es gibt viele Verlockungen, die es uns vermeidlich schwer machen, dem Fast-Food zu widerstehen.
Ich würde es eher Anfüttern nennen, denn es erinnert mich eher ans Angeln – nur dass wir Verbraucher*innen die Fische sind, die erst mit Brot im Wasser angefüttert werden, um dann am Haken (des Konsumproduktes) zu hängen.
Der erste kleine Bissen weckt den Wunsch, mehr davon zu bekommen. Und sobald man isst, will man noch mehr.
Harriet de Wit von der psychiatrischen Fakultät der Universität Chicago
3. Belohnung: Die Spirale des Habenwollens
Als Eltern haben wir die Gelegenheit, unseren Kindern zu zeigen, wie sie mit ihren Gefühlen umgehen können.
Belohnung oder Trost
Wenn wir jedoch Junkfood als Belohnung oder Trost einsetzen, geben wir unseren Kindern die Botschaft, dass dieses Essen eine Möglichkeit ist, sich zu beruhigen und unangenehme Gefühle zu verarbeiten. Doch dieser vermeidliche Trost lässt schnell ein Gefühl der Leere entstehen, und der Teufelskreis beginnt von vorn: Dies kann alsbald zu einem Kontrollverlust führen. (2)
Niedergeschlagenheit und Ärger
Wer Junkfood als Trost bei Niedergeschlagenheit und Ärger einsetzt, „füttert“ den Kontrollverlust in diesen emotional höchst aufgeladenen Situationen. Das kann zu einer generell ungesunden Beziehung zum Essen führen und auch zu Essstörungen, die dann professionell behandelt werden müssen. (3)
Stress
Auch Stress macht es uns schwer, Nein zu sagen, denn er stärkt das Verlangen und übertönt die Stimme des Bewusstseins.
Vielen Menschen geht es nach dem Essen besser, weil sie beruhigt sind. (4) Leider hält diese Wirkung nicht lange an. Ganz im Gegenteil zu einer nährstoffreichen Mahlzeit, die lange sättigt und glücklich macht.
Es ist demnach ein komplexer Prozess, warum wir nicht so einfach NEIN sagen können, und es macht Sinn, diesen zu verstehen, um sich selbst dabei zu beobachten.
Kontrollverlust beim Essen beginnt schon im Kindesalter
Normalerweise steuern Kinder selbst intuitiv ihre Nahrungszufuhr, sodass sie am Ende immer auf die benötigten Kalorien kommen. Normalerweise erhält der Körper so sein Gleichgewicht.
Doch diese Ausgangssituation verändert sich immer mehr, wie Susan Johnson vom Zentrum für Gesundheitswissenschaften der Universität Colorado berichtet. (5)
Noch in den 80er-Jahren kompensierten die Zwei- bis Vierjährigen 90 Prozent der zusätzlichen Nahrungskalorien. In den 90ern nur noch rund 45 Prozent.
In eigenen Studien beobachtete Susan Johnson kleine Kinder, die hoch kalorische Mahlzeiten verputzen können und dann noch mehr verlangen. Dabei konnte sie auch beobachten, dass die Regulierung der Kalorienzufuhr mit steigendem Alter abnimmt.
So ein Verhalten habe ich früher nicht beobachtet. Vor 15 Jahren hätte ich voller Überzeugung behauptet, dass Vorschulkinder kompensieren. Aber in neueren Untersuchungen zeigt sich eine mangelhafte Regulierung des Verhaltens in unglaublichem Ausmaß.
Foto: © depositphotos
Kontrollverlust ist also zunehmend ein Problem – auch schon bei Kindern. Denn es zeigt sich: Wenn man Kindern mehr Essen vorsetzt, essen sie auch mehr! (6), (7)
Bisher kannte ich keine Kinder, die immer weiter essen, bis man sie schließlich unterbricht und sagt: ‚Du bist fertig.‘ Inzwischen essen sie, bis sie fast platzen.
Besonders zu beobachten war, dass Kinder, die mehr naschen – also ohne Hunger essen – anfälliger für große Portionen waren.
Mein Fazit
Permanente Hinweisreize haben also einen erheblichen Einfluss auf das gesamte Essverhalten unserer Kinder. Darum unterstütze ich die Forderung der Verbraucherorganisation Foodwatch, gemeinsam mit über 300 Kinderärzt*innen an Cem Özdemir nach einem Verbot der Werbung von Junkfood an Kinder und Jugendliche. Mach mit und unterzeichne die Petition!
(2) Interview des Autors David Kessler „Das Ende des großen Fressens“ mit George Koob, Direktor des Nationalen Instituts für Alkoholmissbrauch und Alkoholismus in den USA (NIAAA)
(3) Interview des Autors David Kessler „Das Ende des großen Fressens“ mit Rajita Sinha, Professorin für Psychiatrie und Professorin im Child Study Center und für Neurowissenschaften Yale, Klinische Neurowissenschaft von Stress, Emotion und Belohnung sowie Alkohol- und Substanzgebrauchsstörungen
(4) Interview des Autors David Kessler „Das Ende des großen Fressens“ mit Loma Flowers, MD klinische Professorin der psychiatrischen Fakultät and er University of California, San Francisco
(5) Interview des Autors David Kessler „Das Ende des großen Fressens“ mit Susan Johnson, PhD, Direktorin am Kinderesslabor des Zentrums für Gesundheitswissenschaften der Universität Colorado
(6) Interview des Autors David Kessler „Das Ende des großen Fressens“ mit David J. Mela, PhD, Leiter der Abteilung für Gewichtskontrolle und Ernährungsverhalten am Unilever Food and Health Research Institute
(7) Jahrestreffen der Amerikanischen Gesellschaft der Adipositas-Ärzte, Vortrag von Meredith Luce, Diätberaterin